„Muddi machts schon“

Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Corona-Zeiten.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Gleichberechtigung sind in Corona-Zeiten ein besonderes schwieriges Thema. Wenn ich in meinen Klientinnen zur Zeit die Frage stelle “Wie sieht dein Corona-Alltag als Mutter zurzeit aus?” kommen derzeit sehr ähnliche Antworten: „Mein Mann geht weiterhin in Vollzeit arbeiten und ich kümmere mich um die Kinder“.
Es scheint auch irgendwie logisch: Der bisherige Hauptverdiener geht weiterhin arbeiten, das andere „Zuverdiener“-Elternteil bleibt zu Hause. Nur – was bedeutet das jetzt in Corona-Zeiten?

  • Zum Beispiel, dass das Kind nicht in der Kita eingewöhnt werden kann. Dein beruflicher Wiedereinstieg wird also nach hinten geschoben, und du ersetzt die Kita.
  • Zum Beispiel, dass das Schulkind zu Hause lernen muss – du übernimmst das Homeschooling, und stellst dir einen früheren Wecker, um den Job auch noch unterzubringen. Hauptsache, dein Mann kommt unbehelligt seiner Arbeit nach, denn er ist ja der Hauptverdiener.
  • Zum Beispiel, dass du deine Arbeitszeit reduzierst, um die fehlende Betreuungszeit aufzufangen, da die Großeltern als Unterstützer wegfallen, weil sie zur Risikogruppe gehören.
  • Zum Beispiel, dass manche Mütter aus ihrer Elternzeit gar nicht mehr rauskommen, weil sie den Wiedereinstieg nicht schaffen, weil sie gar keine Zeit finden, sich zu bewerben, weil sie sich den ganzen Tag um die Kinder kümmern, und ihre Männer wie selbstverständlich weiterhin in Vollzeit arbeiten gehen.

Papa geht ins Büro, Mama macht Homeschooling

Mir geht es gar nicht darum, dass es in Einzelfällen so ist, und aus individuellen Gründen auch so sein muss. Sondern dass es in unserer gesamten Gesellschaft mit einer ungeheuren Selbstverständlichkeit so gehandhabt wird, dass die Mutter zum Homeschooling zuhause bleibt und nicht der Vater. Durch Corona wurden wir Frauen beim Thema Gleichberechtigung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf augenscheinlich um Jahrzehnte zurückgeworfen. Und dann kommt immer wieder das Argument: Der Vater ist ja der Hauptverdiener. Aber warum ist der Vater eigentlich der Hauptverdiener? Richtig, weil Männer in Deutschland grundsätzlich für den gleichen Job 7-18% mehr verdienen als ihre weiblichen Kolleginnen.

Diese Beispiele sind alle etwas übertrieben? Vielleicht schon. Aber leider geben mir Artikel wie dieser Recht, der die Zerstörung der Fortschritte der Gleichberechtigung durch die Pandemie beschreibt.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf Foto Melone
Vereinbarkeit von Familie und Beruf Foto Dino

Deine Chance für mehr Gleichberechtigung

Meine Idee wäre es, die Umbrüche durch die derzeitige Pandemie kreativ und nachhaltig zu nutzen, und diese mitzugehen. „New Work“ war ja als Begriff in vielen Unternehmen bisher gar nicht bekannt oder nur eine Worthülse. Jetzt hingegen werden Chefinnen und Chefs teilweise dazu gezwungen, Homeoffice zu gestatten. Oder bei den Arbeitszeiten über flexiblere Modelle nachzudenken. Oder Arbeitszeiten ganz zu reduzieren. Jetzt müssen und können wir uns (ja, wir! Wir Mütter!) überlegen, was wir wollen, was wir brauchen, um uns die Gleichberechtigung (zurück-)zuerkämpfen, die wir haben wollen. Das fängt schon bei winzig kleinen Veränderungen zu unseren Gunsten an. Wie wäre es hiermit?

  1. Dein Mann arbeitet im Homeoffice, und spart sich damit täglich 2×0,5 Stunden Fahrzeit. In dieser Zeit kümmert er sich um die Kinder, so dass du arbeiten kannst.
  2. Er fängt früher an zu arbeiten, so dass er früher Feierabend hat – und sich vor dem Abendbrot noch eine Stunde um den Haushalt kümmern kann. Oder dein Mann verlängert seine Mittagspause jeden Tag um eine halbe Stunde – und du gönnst dir durch dieses Zeitfenster eine kleine Pause.
  3. Er reduziert Corona-bedingt seine Arbeitszeit um 2,5 Stunden wöchentlich, und hat demnach nochmal eine halbe Stunde Zeit gewonnen, in der er dir Dinge abnehmen kann.
  4. Dein Mann bringt einmal in der Woche die Kinder alleine ins Bett, damit du abends mit Deinen Freundinnen telefonieren kannst.
  5. Ihr habt noch Elternzeit übrig? Kannst du (oder dein Mann!) noch eine gewisse Zeit in Elternzeit gehen?

Mit kreativen Ideen zum Ziel

6. Ihr teilt die Kinder auf: Du bespaßt das Kitakind, und dein Mann nimmt das Schulkind mit ins Büro und begleitet dort das Homeschooling.

7. Dein Mann arbeitet Montags bis Donnerstags länger, so dass du dich am Freitag um deinen Job oder deine Selbständigkeit kümmern kannst.

8. Ihr arbeitet – von den Schulen inspiriert – nur alle 2 Tage im Wechsel.

 

Nicht jede Idee passt für jeden – klar. Aber je länger man darüber nachdenkt, desto mehr Ideen fallen einem ein, oder?
Gleichberechtigung fällt nicht vom Himmel. Du – und nur du! – kannst sie dir (zurück-)erkämpfen. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg dabei!

Ps. Meine Beispiele sind ja leider von echter Gleichberechtigung auch noch weit entfernt und bauen alle auf dem „Hauptverdiener – Nebenverdiener-Modell“ auf. Aber das ist ja auch nach wie vor Abbild der Realität in vielen Familien. Ich frage mich: Ist nicht die aktuelle Zeit auch eine Chance, das Modell insgesamt in Frage zu stellen? Echte Gleichberechtigung ist für mich, wenn die Care- und Erwerbsarbeit bei beiden Elternteilen zu jeweils 50% liegt. Vielleicht können sich das auch viele Väter grundsätzlich vorstellen, aber es fehlen einfach konkrete Ansätze, Ideen und Rollenvorbilder?
Daher möchte ich in den nächsten Wochen Ideen sammeln, und zwar auch aus Sicht der Väter.
Meine Frage ist daher an dich: Was hast Du für Erfahrungen gemacht? Was ist für dich die schwerste Herausforderung und wie bewältigst du sie? Welche positiven Beispiele von gleichberechtigter Elternschaft kennst du? Erzähl es mir in den Kommentaren!

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Ich bin dein Coach für deinen erfolgreichen beruflichen Wiedereinstieg nach der Elternzeit – oder deine berufliche Neuorientierung.
– Systemischer Coach (DBVC-/IOBC-zertifiziert)
– 2-fache Mama
– Dipl. Wirtschaftspsychologin

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